Vielleicht ist das Leben wie ein Improvisationstheater.
Es gibt, im Vergleich zum klassischen Theaterstück,
keine vorgeschriebenen Texte, Handlungen, Gefühle.
Es spricht, wer sprechen mag.
Manchmal poetisch, manchmal sinnfrei, manchmal tiefgründig.
Ein anderer spricht wortlos.
Jeder handelt so, wie es einem gerade in den Sinn kommt,
spontan, ohne Anweisung.
–
Jemand geht impulsiv in die Szene rein,
ein anderer verlässt diese,
verschwindet im Hintergrund.
Manche, die von der Bühne abgehen,
kommen später noch mal hinzu,
andere gehen und erscheinen nicht noch mal im Stück.
Man weiß nie,
wann jemand die Szene verlässt.
–
Bei manchen ist man froh,
wenn sie verschwinden,
erschrocken, wenn sie wiederkommen.
Unverhofft gibt es manchmal freudige Wiedersehen.
Bei anderen tut es weh,
dass sie aus der Szene rausgehen,
sehnsuchtsvoll wartet man auf ihre Wiederkehr.
Vergebens.
–
Doch alle agierenden Personen sind feste Bestandteile dieses Theaterstückes.
Auch ich bin ein Teil dessen.
–
In diesem Spiel
sind alle Facetten des Seins vertreten
und haben ihren Platz.
Jeder Spieler hat seinen Platz,
auch wenn man sich manchmal vielleicht gar nicht so fühlt.
–
Manchmal dauert es ein wenig an Zeit,
bis man sich in seine gewünschte Rolle eingefunden hat.
Manchmal ist man in einer Rolle drin,
die man sich gar nicht gewünscht hat,
eine, die sich so entwickelt hat
im Zusammenspiel mit den anderen.
Die Rollen beeinflussen sich gegenseitig.
Menschen.
–
Einige Szenen machen besonders viel Freude,
man möchte sie bis zum letzten Atemzug auskosten,
ihnen kein Ende setzen,
sie in jedem Moment genießen.
Zu schnell vergehen diese Lichtblicke.
Andere Szenen sind schwer im Spiel durchzuhalten.
Man zählt innerlich die Sekunden,
bis sie endlich vorbei sind,
während sie sich ewig in die Länge ziehen.
–
Wenn das Stück vorbei ist,
man sich verbeugt und Applaus geschenkt bekommt,
sind manche erleichtert, dass es vorbei ist.
Andere sind erfüllt von der Anerkennung und dem Beifall …
und vielleicht auch erfüllt von der Freude des Spielens.
–
Die Improvisation hat nicht unbedingt allen Zuschauern gefallen.
Anderen hingegen sehr.
Manchmal fanden sie genau die Szenen so toll und beeindruckend,
welche uns Spielern total schwer gefallen sind,
welche, die wir schnell hinter uns bringen wollten.
–
Manche würden das Stück gerne nochmal sehen,
sie bedauern das Ende und die Einmaligkeit.
Leider kann man eine Improvisation nicht wiederholen.
–
Wenn der Vorhang meines Lebens gefallen ist,
so möchte ich mit meiner Darbietung zurfrieden,
von meinem Stück und Spielen erfüllt sein
und mit den Zuschauern zur Premierenfeier gehen.
–
Und so schwer viele Szenen für mich zu spielen waren,
vielleicht bin auch ich am Ende ein wenig wehmütig darüber,
dass das Stück, in dem ich mitspielen durfte,
schon vorbei ist …
3 Kommentare zu „Das Leben – ein Improvisationstheater?“
Liebe Nora,
das ist alles so voller Kraft, was ich hier lese. Nun bestehst Du auch aus Deinen Wunden und häufigen Schatten die sich am hellichten Tage nur für Dich sichtbar und spürbar eine Nacht hereinbrechen lassen.
Ich mag es nicht glauben.
Bei all der Kraft die ich aus Deinen Worten höre.
Ich mag es nicht glauben.
Nun diese Reaktion kennst Du vermutlich schon.
Bin selbst stets nah den Menschen gestanden oder herangetreten –
Zu nah!
Zu nah, so das sie sich versucht sahen mich zu berühren zu wollen.
Eine Panik die ich mir nicht erklären kann, macht sich breit in mir.
Cornelius
Liebe Nora,
dieser Artikel erinnerte mich an die vier Jahre, die ich in einer Improtheater-Truppe mitgespielt habe. Ich fand es toll, dort Seiten von mir auszuleben, die ich mir im „wahren Leben“ nicht erlaubt hätte. Wenn Du, wie im Artikel, das wahre Leben mit einer Improvisation vergleichst, wirkt es gleich nicht mehr so ernst und dramatisch, sondern leichter, wie ein Schau-Spiel. Vielleicht hilft dieser Blickwinkel dabei, sich im Alltag mehr zu erlauben, zu experimentieren, zu wagen und viel öfter zu lachen. „Es ist doch alles nur ein Spiel!“
Toi, toi, toi von
Sandra
Ich bin dabei, es zu versuchen und neue wie alte Dinge zu wagen – Danke 😉