Das junge Filmteam Les Gastons hat es sich zur Aufgabe gemacht, schwierige sozialkritische Themen, insbesondere aus dem Themenbereich des Kinderschutzes, künstlerisch zu verfilmen. Ihr aktuelles Projekt ist der in diesem Sommer in Deutschland und Österreich unter der Regie von Julie Gaston gedrehte Kurzfilm „Eigengrau“.
Eigengrau – ein Kurzfilm über den Suizid eines Kindes
Er soll auf Filmfestivals, in Programmkinos, bei Vorträgen und anderen öffentlichen Orten und Veranstaltungen vielen Menschen einen Denkanstoß geben und einen Beitrag dazu leisten, dass dieses schwierige Thema den Weg in die öffentliche Diskussion finden kann.
Realisiert wird „Eigengrau“ von einem Zusammenschluss junger Filmemacher und Studenten aus dem Raum Frankfurt/Offenbach, die gemeinsam mit über sechzig freiwilligen Helfern und Helferinnen ehrenamtlich an den Dreharbeiten beteiligt waren.
Das Projekt wird außerdem von einer Vielzahl von Stiftungen und Vereinen (Finger weg von unseren Kinder e.V., Bund gegen Depressionen, u.v.m.) unterstützt.
Den Anstoß für das Projekt gab Drehbuchautorin und Regisseurin Julie Gaston, Künstlerin und Kinderschutzaktivistin, die, bewegt von einer wahren Geschichte, auf die Thematik aufmerksam wurde. Durch Recherchen fand sie heraus, dass im Jahr 2014 alleine in Deutschland 222 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren durch Suizid starben.
Sie beschloss, überwältigt von diesen Zahlen, die Bearbeitung dieser Thematik in Form eines Kurzfilms.
Der Film thematisiert Depressionen und Suizid bei Kindern. Erzählt wird die Geschichte des elfjährigen Leo, der sich im Konflikt mit der Gesellschaft immer tiefer in eine Fantasiewelt flüchtet und am Ende freiwillig aus dem Leben scheidet.
Erst ein Film über Kindesmisshandlung und nun über Depressionen und Suizid bei Kindern – Wie kommt man auf solche Themen?
Julie Gaston: Mein erster Film „Hänsel“ ist aus einem Impuls entstanden – ich habe eine Misshandlungs-Szenerie beobachtet und daraufhin beschlossen, dass ich etwas verändern will. Als Filmemacherin war es naheliegend einen Kurzfilm zu drehen. Das mein zweiter Film sich nun um Depressionen und Suizid von Kindern dreht, ist quasi das Resultat des Erfolgs mit Hänsel. Ich habe gesehen wie viel so ein kleiner Film bewirken kann, denn Hänsel wird nun an vielen Kooperierenden Schulen als Aufklärungsfilm, bei Vorträgen zum Kinderschutz, bei Opfer und Tätertherapien und auf Filmfestivals gezeigt. Ich habe sehr viel gutes Feedback von Lehrern und Medienpädagogen bekommen, die mir berichtet haben, wie offen und ehrlich die Kinder anhand des Filmes über Missbrauch und Misshandlung sprechen konnten.
Meine Filme sind abstrakt, ich nenne sie gerne „Stell dir mal vor“-Filme und ich glaube, dadurch können Menschen einen leichteren Einstieg in so eine schwierige Thematik finden. „Stell dir mal vor, Deine Mutter ist eine Hexe und tut dir weh“ oder auf meinen neuen Film bezogen „Stell dir mal vor, Du bist unsagbar traurig und niemand versteht deinen Schmerz.“
Wie sind Sie auf das Thema Depression bei Kindern aufmerksam geworden?
Julie Gaston: Über einen Zeitungsbericht bin ich auf die Thematik Suizid von Kindern aufmerksam geworden. Ich habe von einem 11-jährigem Jungen gelesen, der von einer Brücke gesprungen ist und konnte es kaum glauben, dass ein Kind zu einer solchen Tat fähig ist. Es hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe angefangen zu recherchieren, habe über 70 Bücher zu der Thematik gelesen, mit Fachärzten, Vereinen und Instituten gesprochen und bin zu der Auffassung gekommen, dass unsere Gesellschaft ganz dringend mal über dieses Thema reden sollte.
Und worum geht es genau in ihrem Film?
Julie Gaston: Es geht um einen 11-jährigen Jungen namens Leo, der unter schweren Depressionen leidet. Der Zuschauer begleitet Leo durch gute und schlechte Phasen seiner Krankheit. Man erfährt vieles über Bilder und wenig über Worte. Eine überforderte völlig ausgelaugte Mutter, ein Vater der nie Zuhause ist, kleine Geschwister die sich nur streiten, ein großer Bruder, der lieber zuschlägt als redet.
Das Leben in einer anonymen Stadt, wo die Menschen in systematischen und pragmatischen Wohnungen leben und niemand seine Nachbarn kennt. Die Medien füttern die Menschen unaufhörlich mit Angst; Terror, Krieg, BSE, HIV, NSU, Klimawandel, Seuchen, Tierquälerei, Bienensterben…
Leo kann all dies nicht einfach verdrängen, er versucht auf seine kindlich naive Art die Menschen zu retten. Er ist der Meinung, dass die Menschen vielleicht einfach nur vergessen haben, wie schön die Welt sein könnte.
Sein Plan ist es eine magische Blume auf dem Dach seines Wohnhauskomplexes anzubauen, die hoch in den Himmel wächst und alles mit ihrer Schönheit überstrahlt. Doch dieser Plan scheitert und nimmt Leo den letzten Grashalm der Hoffnung an dem er sich noch festhalten konnte. Die Depression siegt und treibt den kleinen Mann schließlich in den Suizid.
Sie zeigen den Akt des Suizids in ihrem Film, haben sie keine Angst vor Nachahmungen?
Julie Gaston: Ich habe mir lange Zeit darüber Gedanken gemacht, ob es angebracht ist den Suizid zu zeigen, habe mit vielen Fachleuten darüber gesprochen und mich letztendlich dafür entschieden. Es wäre natürlich ein schöneres Ende, wenn Leo die Welt retten könnte und die Welt wieder ein schöner Ort wird.Aber dieser Film wäre irgendwo feige.
Fakt ist das jedes Jahr alleine in Deutschland 600 Kinder und Jugendliche durch Suizid ums Leben kommen. Der Film soll genau dies thematisieren und die Zuschauer auch damit konfrontieren, wie extrem traurig und schrecklich es ist, wenn so ein kleiner Mensch freiwillig von dieser Erde geht.
Ich möchte die Menschen schockieren, berühren und vielleicht auch ein bisschen wütend machen. Denn Wut ist meiner Meinung nach der beste Motor für Veränderungen.
Zum Thema Nachahmung habe ich mir natürlich auch etwas überlegt, denn das ist natürlich das letzte was ich möchte. Deshalb habe ich mich für eine Suizidmethode entschieden, die man so wie gezeigt, nicht nachahmen kann: Der Junge ertränkt sich, indem er in das dreckige, braune Gewässer eines stillgelegten Hafens läuft und untertaucht. Als Zuschauer warten wir und hoffen vergeblich, dass er wieder auftaucht. Doch dieser Wunsch wird nicht erfüllt.
Zur Vollendung des Films fehlt noch eine Szene, die die Crew vor eine unerwartete Herausforderung stellt.
Nun, da „Eigengrau“ kurz vor seiner Fertigstellung steht, bitten die Regisseurin und ihr Team um Unterstützung, damit der Kurzfilm seinen Weg auf die Leinwand findet.
Sie spielt im Innenraum eines Zuges und ist, im Unterschied zu allen anderen Szenen, mit hohen Kosten verbunden. Um die Verwirklichung der letzten verbleibenden Szene zu ermöglichen, wenden sich Les Gastons nun in Form einer Crowdfunding-Kampagne an die Öffentlichkeit. Durch Beiträge von interessierten und engagierten Menschen und Unternehmen soll die Fertigstellung des Projekts gewährleistet werden.
Julie Gaston hofft auf tatkräftige Unterstützung und will durch ihren Film zeigen, dass Kinderschutz ein wichtiges Thema ist, das die Menschen bewegt.
Dies ist ihr bereits mit ihrem letzten Kurzfilm „Hänsel“ gelungen, der in Projektwochen an Schulen sowie bei Vorträgen zum Thema gezeigt wird und Ende September im Rahmen des „Schlingel“ Filmfestivals zu sehen ist.
Gemeinsam mit ihren Unterstützern will sie einen weiteren Beitrag dazu leisten, dass sensible Themen wie der Suizid eines Kindes Gesprächsthema sein können, um so betroffenen Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre Probleme anzusprechen.
Ab heute kann jeder, der Les Gastons und „Eigengrau“ unterstützen möchte, auf der größten deutschen Crowdfunding-Plattform unter www.startnext.com/eigengrau einen Beitrag zur Fertigstellung des Films leisten.