Ein Vater zog mit seinem Sohn und einem Esel in der Mittagsglut durch die staubigen Gassen von Keshan. Der Vater saß auf dem Esel, den der Junge führte.
„Der arme Junge“, sagte da ein Vorübergehender. „Seine kurzen Beinchen versuchen mit dem Tempo des Esels Schritt zu halten. Wie kann man so faul auf dem Esel herumsitzen, wenn man sieht, dass das kleine Kind sich müde läuft.“
Der Vater nahm sich dies zu Herzen, stieg hinter der nächsten Ecke ab und ließ den Jungen aufsitzen.
Gar nicht lange dauerte es, da erhob schon wieder ein Vorübergehender seine Stimme: „So eine Unverschämtheit. Sitzt doch der kleine Bengel wie ein Sultan auf dem Esel, während sein armer, alter Vater daneben her läuft.“
Dies schmerzte den Jungen und er bat den Vater, sich hinter ihn auf den Esel zu setzten.
„Hat man so was schon gesehen?“ keifte eine Frau, „Solche Tierquälerei! Dem armen Esel hängt der Rücken durch, und der Alte und der junge Nichtsnutz ruhen sich auf ihm aus, als wäre er ein Diwan. Die arme Kreatur!“
Die Gescholtenen schauten sich an und stiegen beide, ohne ein Wort zu sagen, vom Esel herunter.
Kaum waren sie wenige Schritte neben dem Tier hergegangen, machte sich ein Fremder über sie lustig: „So dumm möchte ich nicht sein. Wozu führt ihr denn den Esel spazieren, wenn er nichts leistet, euch keinen Nutzen bringt und noch nicht einmal einen von euch trägt?“
Der Vater schob dem Esel eine Hand voll Stroh ins Maul und legte seine Hand auf die Schulter des Sohnes.
„Gleichgültig, was wir machen“, sagte er, „es findet sich doch jemand, der damit nicht einverstanden ist. Ich glaube, wir müssen selbst wissen, was wir für richtig halten.“
Aus: Peseschkian. Der Kaufmann und der Papagei
Wie man es macht, macht man es in den Augen irgendeines anderen immer verkehrt … doch wenn es sich für Dich richtig anfühlt und Du weder Dir noch jemand anderes schadest, kann es doch nicht falsch sein, oder?
Wie oft habe ich das gemacht, was andere erwarteten oder von dem ich dachte, dass sie es erwarten? Wie oft habe ich mich dabei vernachlässigt und überhört? Und wie oft habe ich, während ich es den einen vermeintlich recht machte, von anderen gehört, dass ich es doch falsch mache?
Erst seit dem ich aufgehört habe zu überlegen, was die anderen wohl von mir erwarten, konnte ich anfangen, auf meine eigenen Erwartungen zu hören. Das, was andere über mich denken hat nicht die höchste Priorität in meinem Leben – was denke ich über mein Leben?
Es gibt immer jemanden, der über mich und meinen Lebensstil etwas zu meckern hat, es wird immer jemanden geben, der mein Handeln für falsch hält, es wird immer jemanden geben, der …
Doch daran möchte ich nicht mehr festhalten – schließlich ist es MEIN Leben und dieses muss in erster Linie mir selbst gefallen!