Balance finden zwischen Selbstzweifeln und Selbstfürsorge

Selbstfürsorge

Als ich 2011/2012 das erste Mal wegen der Depression und Angststörung bzw. Panikattacken in der psychiatrischen Tagesklinik war, gab es eine Therapie-Einheit namens „Selbstfürsorge“. Hier reflektierten wir unsere Gewohnheiten im Alltag, unsere Beziehung zu uns selbst und suchten positive Verstärker in unserem Leben. Wie lebe ich? In welchem Umfeld? Mit welchen Beziehungen? Was mag ich? Was tut mir gut? Womit fühle ich mich wohl? Und wie schaffe ich es, mich besser um mich selbst zu kümmern? Wie halte ich meine Selbstzweifel in Schach? Im Rahmen der positiven Selbstbeeinflussung erzählte uns die Krankenschwester die Geschichte vom weisen Indianer und den zwei Wölfen in uns. Die Geschichte findet man auf diversen Internetseiten – allerdings nur bis zur Hälfte.

„Balance finden zwischen Selbstzweifeln und Selbstfürsorge“ oder „Die zwei Wölfe in uns“

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee-Indianer seinem Enkelsohn am Lagerfeuer von einem Kampf, der in jedem Menschen tobt.

Er sagte: „Mein Sohn, der Kampf wird von zwei Wölfen ausgefochten, die in jedem von uns wohnen.“

Einer ist böse.

Er ist der Zorn, der Neid, die Eifersucht, die Sorgen, der Schmerz, die Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz und das Ego.

Der andere ist gut.

Er ist die Freude, der Friede, die Liebe, die Hoffnung, die Heiterkeit, die Demut, die Güte, das Wohlwollen, die Zuneigung, die Großzügigkeit, die Aufrichtigkeit, das Mitgefühl und der Glaube.

Der Enkel dachte einige Zeit über die Worte seines Großvaters nach, und fragte dann: Welcher der beiden Wölfe gewinnt?

Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst.“

Nur bedenke, wenn du nur den weißen Wolf fütterst, wird der Schwarze hinter jeder Ecke lauern, auf dich warten und wenn du abgelenkt oder schwach bist wird er auf dich zuspringen, um die Aufmerksamkeit zu bekommen die er braucht.

Je weniger Aufmerksamkeit er bekommt, umso stärker wird er den weißen Wolf bekämpfen. Aber wenn du ihn beachtest, ist er glücklich. Damit ist auch der weiße Wolf glücklich und alle beide gewinnen.“

Das ist die große Herausforderung eines jeden von uns… das innere Gleichgewicht herzustellen.

Denn der schwarze Wolf hat auch viele wertvolle Qualitäten – dazu gehören Beharrlichkeit, Mut, Furchtlosigkeit, Willensstärke und großes intutives Gespür, Aspekte, die Du brauchst in Zeiten, wo der weiße Wolf nicht weiter weiß, denn er hat auch seine Schwächen.

Du siehst, der weiße Wolf braucht den schwarzen Wolf an seiner Seite. Beide gehören zusammen. Fütterst du nur einen, verhungert der andere und wird unkontrollierbar. Wenn du beide fütterst und pflegst wird es ihnen gut tun und ein Teil von etwas Größerem, das in Harmonie wachsen kann. Füttere beide und du musst deine Aufmerksamkeit nicht auf den inneren Kampf verwenden müssen. Und wenn es keinen inneren Kampf gibt, kann man die innere Stimme, der alles wissenden Führer hören, die dir in jeder Situation den richtigen Weg deutet.

Frieden, mein Sohn, ist die Mission der Cherokee, ist das Leben. Ein Mann, der den schwarzen und weißen Wolf in Frieden in sich hat, der hat alles. Ein Mann, der in seinen inneren Krieg gezogen wird, der hat nichts. Dein Leben wird davon bestimmt, wie du mit deinen gegnerischen Kräften umgehst. Lass nicht den einen oder anderen verhungern, füttere sie beide und beide gewinnen.“
~ Autor leider unbekannt

Wie oft sehe ich nur das, was ich nicht kann und lasse das, was ich schon erreicht habe, unter den Tisch fallen?

Wie oft übergebe ich den Selbstzweifeln und der Angst die Zügel anstatt meinen Wünschen zu folgen?

Wie oft werte ich mich ab, weil ich etwas nicht so gut oder so schnell kann wie andere, anstelle zu schätzen, dass ich dasselbe überhaupt geschafft habe?

Inzwischen sind über 10 Jahre vergangen, seitdem ich das erste Mal in der Tagesklinik war. Ein paar Jahre später war ich nochmal in dieser Tagesklinik. Insgesamt drei Mal. Ebenso war ich zur psychosomatischen Reha, besuch(t)e meinen Psychiater etwa einmal im Quartal, und machte ambulante Therapie. All das war Teil der Selbstfürsorge – dadurch kümmerte ich mich um mich. Doch Selbstfürsorge und dieses Balancieren geht weiter – es reicht(e) nicht, die therapeutische Unterstützung zu nutzen, ich musste selbst noch aktiver werden. Also meine Beziehungen nicht nur reflektieren, sondern ggf. auch ändern. Das was mir schadete musste ich lassen (sofern es möglich war/ist). Und das, was mir gut tat, eben mehr machen. Klingt meistens einfacher, als es ist.

Die größte Herausforderung war wohl der Umgang mit mir selbst.

Wie rede ich eigentlich mit mir? Wie behandele ich mich, wenn ich einen Fehler gemacht habe oder irgendwas nicht geschafft habe. Und warum denke/behandele ich mich so?

Vor allem, wenn ich wieder mal in einer Krise war, war ich eine Meisterin, mich obendrein runter zu putzen. Das, was ich an anderen kritisierte, wie sie mit Betroffenen redeten, missachtete ich bei mir selbst. 

Manchmal fällt mir dies heute noch auf. Wenn ich meinen Kontrolltick nicht unter Kontrolle bekomme und innerlich abwertend mit mir spreche. Wenn ich mir sage, dass ich diese oder jene Ängste doch nicht haben brauch, vielleicht sogar nicht haben darf, dann unterdrücke ich diesen schwarzen Wolf in mir.

Dabei hat sich gezeigt – und das nicht nur in meinen persönlichen Erfahrungen, sondern auch in der Resilienzforschung – das Akzeptanz von schwierigen Gefühlen und Umständen ein essentieller Schritt ist, um in eine lösungsorientierende Haltung zu kommen. Doch vor diesem Schritt der Lösung darf es vielleicht auch mal so sein, wie es eben ist. Traurig, wütend oder wie in meinem Fall eben auch ängstlich.

Ein Satz, den ich aus meiner aktuellen Therapie, welche demnächst endet, besonders mitnehme lautet: „Das ist mir zu lösungsorientiert. Bleiben wir mal noch einen Moment beim Problem.“

Genau das ist Akzeptanz: Dem Problem, dem schwierigen Gefühl oder Umstand mal einen Raum geben. Das bedeutet ja keineswegs, dass ich dadurch resigniere, in destruktives Jammern verfalle oder das Problem toll finden muss. Es bedeutet schlichtweg, dass der schwarze Wolf mal heulen darf und ich ihm zuhöre. Und danach dann weiter  schaue, um mich dem weißen Wolf zu widmen.

Akzeptanz ist für mich mit Geduld verbunden. Offen gesagt, überhaupt nicht meine größte Stärke. Aber gerade durch die Akzeptanz, also das Annehmen der schwierigen Gefühle und Situationen, konnte ich weitere Schritte auf meinem Genesungsweg gehen.

Seit Anfang 2017 hatte ich keine Panikattacke mehr. Und seitdem – bis auf Herbst 2021 – auch keine depressive Krise. Natürlich ist Akzeptanz oder auch Resilienz im Allgemeinen kein Allheilmittel und auch keine Garantie. Aber es kann eine Art präventiver Ansatz sein. Indem wir uns die schwierigen Gefühle im Kleinen zugestehen und nicht verdrängen, können wir verhindern, dass sie plötzlich im unerwarteten Moment ausbrechen.

In dem wir dem schwarzen Wolf hin und wieder zuhören, können wir verhindern, dass er vernachlässigt und wütend wird und hinterrücks über uns herfällt …

Was sind Deine Gedanken oder Erfahrungen mit dem schwarzen und weißen Wolf?

Selbsthilfe
Was ich gerne schon vor meinen Therapien gewusst hätte …

Hier bekommst Du nicht nur eine Ladung Wissen, sondern auch jede Menge praktische Tipps, die Du direkt im Alltag anwenden kannst. Die Selbsthilfemethoden sind aus den Bereichen Resilienz, Achtsamkeit, Selbstmitgefühl und Imagination. Mit diesen Übungen weckst Du Deine inneren Ressourcen und gehst gestärkt durch den Alltag. 🧘‍♂️

Mein Ziel ist es, dass Du nicht nur die fachlichen Grundlagen zur Selbstfürsorge und Selbsthilfe lernst, sondern auch herausfindest, wo Deine persönlichen Hindernisse liegen.

Der Online-Kurs hilft Dir zu verstehen, was Akzeptanz wirklich bedeutet und wie Du damit Deine Gefühle besser managen kannst. Und ab und zu gibt’s auch ein paar persönliche Einblicke von mir, um Dich noch besser zu unterstützen.

Und nun?

Hilfe zur Selbsthilfe


Hier findest Du Informationen zu meinem Buch „Depression – und jetzt? Wegweiser einer Erfahrungsexpertin“ sowie zu  Beratungs- und Workshopangeboten für Betroffene von Depression und Angststörungen und deren Angehörige.

Akut in der Krise? 


Du bist nicht allein, weder mit Deiner Erkrankung  noch bei deren Bewältigung. Also lass Dir gern helfen!  Hier findest Du eine Übersicht zu Krisenanlaufstellen.

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Hier findest Du nützliche Hinweise und Infos zum  Kostenerstattungsverfahren.

Newsletter & Co.


Es gibt diverse Möglichkeiten, auf dem Laufenden zu bleiben, regelmäßig Input zu erhalten, über Lesungen und Workshops informiert zu werden, dabei meine Arbeit zu unterstützen oder mehr über meine eigenen kleinen Genesungsbegleitenden auf vier Pfoten zu erfahren.

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Mitgliedschaften & Kooperationen

Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention ist seit 1972 die übergreifende Fachgesellschaft für Einrichtungen und Personen, die sich in Forschung, Lehre oder Praxis mit Suizidprävention befassen.

Die Deutsche Depressionsliga ist eine bundesweit aktive Patient:innen-vertretung. Sie ist eine reine Betroffenenorganisation, deren Mitglieder entweder selbst erkrankt sind oder aber sie sind Angehörige von Betroffenen.

Die Gründer:innen von Freunde fürs Leben sowie viele der (ehrenamtlich) Beteiligten haben selbst geliebte Menschen durch Suizid verloren. Ich selbst kenne Suizidgedanken von mir früher als auch Menschen, die dadurch verstorben sind.

Die Seminare von Seelische Erste Hilfe Leisten befähigen Menschen dazu, selbstbewusster, informierter und empathischer mit seelisch belasteten Personen umzugehen. Unser Ziel ist, dass analog zu körperlichen Erste-Hilfe-Kursen auch seelische Erste-Hilfe-Kurse fester Bestandteil einer Aus- oder Weiterbildung sind.

Gemeinsam gegen Depression ist eine Aufklärungskampagne von Janssen. Unterstützer:innen der Initiative und die Teilnehmenden des Aufrufs „Zeig Gesicht“ berichten über ihre ganz persönlichen Geschichten und teilen ihre Erfahrungen mit Depressionen.

Die Folgen von Stigmatisierung und Diskriminierung sind für Betroffene und Angehörige allgegenwärtig. Mutmachleute bewirken ein Umdenken in der Gesellschaft, denn psychisch kranke Menschen haben keine Lobby! Wir geben ihnen eine Stimme, damit sie heraustreten können aus ihrem Schattendasein.

Erfahrungen & Bewertungen zu Nora Fieling

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