„Wie soll es nur weitergehen?“, fragte ich mich noch vor einem Jahr. Im Verlauf des Jahres 2016 holten mich Angstzustände und Panikattacken ein. Ab Mitte November 2016 ging so gut wie nichts mehr. Mit „nichts“ meine ich auch „NICHTS“: Einkaufen, Bahn fahren, mit Freunden was unternehmen – Nichts ging. Sogar in unserer Wohnung hatte ich Panikattacken. Und durch die Angst rutschte ich natürlich in die Depression – kein Wunder.
Depression und Silvester – was für ein (t)oller Start!
Die meisten Menschen im meinem Umfeld machen sich nichts aus Silvester, der Knallerei und den ganzen Vorsätzen. Für sie ist es eine Nacht wie jede andere auch. Ich mag Silvester, auch wenn es oft ein melancholischer Moment ist.
Silvester sagen wir „Ja“ zum neuen Jahr. Dabei sagen wir jeden Morgen, den wir oft verdammen, „Ja“ zum neuen Tag. In jedem Moment in dem wir kämpfen, sagen wir „Ja“ – „Ja“ zum neuen Tag, zu uns, zum Leben.
Ich denke jeden Abend, mal mehr mal weniger über den vergangenen Tag nach. An Silvester habe ich immer bewusster über das vergangene Jahr nachgedacht – über das was passiert ist, was schiefgelaufen ist, was ich erreicht habe.
Nach vorne blicken in dem Sinne, dass ich mir jedes Jahr Vorsätze überlege, mag ich nicht. Ich bin ein Meister im Pläne machen – allerdings ne Niete in dem Einhalten dieser.
Und es ist ja doch sehr viel im Wandel … ich weiß, was ich vorhabe bzw. was mir bevorsteht. Ich weiß, dass ich einiges ändern möchte und ich weiß,dass ich ein paar Ideen habe, die ich umsetzen möchte. Also, habe ich unbewusst vielleicht doch ein paar Vorsätze
Krisen als Chance!?
Bewusst möchte ich mir dennoch machen, dass sich das Kämpfen lohnt. Das es oftmals ein Aushalten ist. Und das eine Krise auch eine Chance beinhaltet, auch wenn ich diese nicht gleich, sondern erst Ewigkeiten später erkenne. Den Glauben daran möchte ich nicht aufgeben.
Vor allem, weil sich dies auch dieses Jahr bei mir gezeigt hat: Es endet wesentlich besser, als es anfing. Zudem erkannte ich im Nachhinein, dass die Depression im letzten Jahr auch einen Schutzmechanismus beinhaltete.
Während ich vor einem Jahr noch von einer Panikattacke in die nächste rutschte, hatte ich 2017 keine einzige „richtige“ Panikattacke! Zudem auch nur eine kurze, etwas schwierige depressive Krise.
Ansonsten lief es relativ gut. Natürlich gab es Täler, Angstmomente, schwierige Zeiten, Überforderung und Demotivation … doch all das verlief in einem überschaubaren Rahmen. Solche Zeiten hat wirklich jeder Mal und sie sind mit keiner Depression oder Panikattacke zu vergleichen. Insofern ging es mir gut.
In diesem Jahr durfte ich so einige andere BloggerInnen kennenlernen, welche auch für mehr Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Depressionen & Co kämpfen. Zum einen lernte ich den Markus Bock von verbockt kennen, zudem den Sascha Milk und die Anni vom Hoffnungsschein – Der Lichtblick in der Depression. Zudem traf ich den Thomas von Radio Depressione und die beiden Autoren und Redakteure von Miles! – Das Magazin: Stefan Lange und Marcus Jäck.
All dies sind interessante Menschen, welche ich vermutlich nie kennengelernt hätte, wenn ich nicht krank wäre. Mit einigen von ihnen plane ich neue Projekte, u.a. auch mit meiner Freundin Annegret Corsing. Doch dazu nächstes Jahr mehr – ein bisschen Spannung muss schließlich sein 😉
Ein weiteres Highlight in diesem Jahr war die Mail von Anna vom Stark-Sture-Verlag, welche mir ein Buch-Projekt vorschlug. Voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2018 wird also mein Buch veröffentlicht – ein kleiner, großer Mädchentraum, der aus meiner Erkrankung resultiert.
Manche sagen, dass ich Glück gehabt hätte oder, dass es mir ja nun nicht mehr schlecht geht (bzw. schlecht gehen dürfe), weil ich ja so vieles habe.
Ja, ich habe vieles, was sehr wertvoll ist: Eine Wohnung, einen verständnisvollen Partner, eine liebe Schwiegerfamilie und auch ehrliche FreundInnen.
Doch ich weigere mich, dies als „Glück“ anzusehen.
Denn dort, wo ich jetzt stehe und all das, was ich dieses Jahr so erreicht habe, hat weniger mit Glück zu tun als viel mehr mit Arbeit an mir selbst.
All dies ist mir nicht in den Schoß gefallen und auch meine diversen ehrenamtlichen Projekte waren durchaus zeitweise mit starker Anspannung und Herausforderungen verbunden. Teilweise waren es Kämpfe mit mir selbst, über deren Gewinn ich im Nachhinein sehr froh war.
Wie am Anfang geschrieben, hatte ich dieses Jahr keine „richtige“ Panikattacke, doch viele von Euch kennen ja die Angst vor der Angst. Und sich dieser Angst zu stellen, ist durchaus eine schwierige Herausforderung.
Dies hat nichts mit „Glück“ zu tun, sondern ist das Ergebnis vieler schwieriger Therapie-Stunden und der Arbeit an mir selbst.
Nun neigt sich das Jahr dem Ende zu und ich wandle zwischen Vorfreude und Nervosität, was das kommende Jahr bringt.
Ich bin noch nicht am Ziel, doch stehe ich auch längst nicht mehr ganz am Anfang!
Viele sagen, wir „sollten“ mehr im Hier und Jetzt leben. Doch das Hier und Jetzt ist beeinflusst aus der Vergangenheit. Die kann man nicht einfach so ignorieren – ich für mich und meine Geschichte empfände dies nicht als richtig und für mich hilfreich.
So denke ich, dass jeder (Jahres-)Rückblick auch ein Blick nach vorn ist. Und umgekehrt – ein Blick nach vorn ist auch ein Blick zurück. Und ein Blick ins Hier und Jetzt ist auch ein Blick zurück und ein Hauch nach vorn. Alles ist miteinander verwoben, auch wenn mich das manchmal stört.
Doch ohne die Sachen, die mich stören, würde ich die Dinge, die mich erfreuen, weniger wertschätzen.
Und so freue ich mich, dass ich neue Menschen in diesem Jahr kennengelernt habe, welche ich ohne meine Erkrankung wohl nie getroffen habe. Ich freue mich über meine Tiere, die ich vielleicht nie hätte, wenn eine Psychotherapeutin im Krankenhaus mir nicht Haustiere empfohlen hätte. Ich bin dankbar den Menschen, die mich so nehmen, wie ich bin und für die auch ich da sein darf. Und ich freue mich, dass ihr hier seid und ich Teile meines Lebens mit Euch teilen darf und auch ihr Euch per Kommentar oder per Nachricht mir mitteilt.
Dafür bin ich sehr dankbar! All das gibt mir Kraft und nährt meine Hoffnung, dass es irgendwie weitergeht.
Ich werde alles geben – nur mich aufgeben, dass möchte und werde ich nicht!
Auch wenn ihr jetzt keinen Ausweg seht und ihr Euch fragt, wie das nur alles weitergehen soll – gebt die Hoffnung nicht auf, dass es einmal anders wird. Auch ich hätte damit vor mehreren Jahren als auch vor einem Jahr überhaupt nicht mit gerechnet bzw. daran geglaubt …
Vor allem wenn man im tiefen, schwarzen Tunnel feststeckt und kein Licht am Ende dessen sieht, ist es schwer, sich ein Licht vorzustellen geschweige denn, an ein solches zu glauben.
Doch gerade in Krisen und schwierigen Zeiten besteht die Frage, ob wir alles glauben dürfen was wir denken …
Und so trage ich die Hoffnung in mir und würde sie durchs Netz gerne an Euch verstreuen – auf dass auch ihr einen Funken Hoffnung in Euch spürt, der Euch die Kraft gibt, jeden neuen Tag von vorne anzufangen, dort weiterzumachen, wo ihr aufgehört habt oder halt einen Schritt zurückzugehen, um eine andere Richtung einzuschlagen.
Silvester sagen wir „Ja“ zum neuen Jahr. Ich für meinen Teil sage zudem gleichzeitig „Ja“ zu einem neuen Lebensjahr. Doch wir sagen jeden Morgen, den wir oft verdammen „Ja“ zum neuen Tag.
In jedem Moment in dem wir kämpfen, sagen wir „Ja“ – „Ja“ zum neuen Tag, zu uns, zum Leben.
Und auch wenn Du Dich alleine und einsam fühlst – Du bist nicht alleine. Es gibt viele andere, welche ähnlich fühlen.
Hierfür habe ich eine Facebook-Veranstaltung namens „Gemeinsam statt einsam“ erstellt. Es ist „lediglich“ eine online-Veranstaltung, welche ein Zeichen dafür sein soll, dass wir in der Depression, Angst, Panik oder anderweitigen Krise NICHT alleine sind – auch wenn wir uns so oft so fühlen.
Sagen wir gemeinsam „JA“! – Zum neuen Jahr, zu jedem neuen Tag und vor allem JA! zu uns selbst und unserem Leben!
Bist Du dabei?
3 Kommentare zu „Depression, Angst … und dann ging es doch weiter!“
Hallo“ das klingt ja alles gut und schön… Was aber hättest du ohne deinen background getan??? Den habe ich leider nicht, meine erwachsenen Kinder wohnen weit weg, es gibt keinen Partner…worauf soll ich Hoffnung beziehen? Lg Vera
Danke für deine Worte und deine Arbeit hier, ich bin nun endlich auch in der glücklichen Situation eine Psyhoterapeutin zu haben.
Ja es ist verdammt harte Arbeit und es erfordert soooo viel kraft weiterzumachen, doch aufgeben mag ich auch nicht.
Du bist obwohl ich dich persönlich nicht kenne ein wichtiger Mensch in meinem Leben geworden der mir kraft gibt, vielen Dank
Ivy
Liebe Ivy,
ganz, ganz vielen Dank für Deine lieben Worte!
Ich wünsche Dir alles Gute, viel Kraft und Hoffnung – für die Therapie als auch Deinen weiteren Weg!
Liebe Grüße aus Berlin,
Nora