Du möchtest nie wieder Krisen oder schwierige Gefühle erleben? – Okay, wer auch immer so etwas anbietet oder verspricht, ist unseriös. Denn natürlich ist das völlig unrealistisch und unmenschlich. Schmerz, schwierige Gefühle und auch Krisen gehören zum Leben. ABER wir können lernen, diese gesünder zu bewältigen – wir können unsere Resilienz, unsere psychische Widerstandsfähigkeit, stärken.
Resilienz mit Nora
Krisen, schwierige Gefühle, Selbstverletzungsdruck als auch suizidale Gedanken kenne ich seit meiner Kindheit. Lange war ich krank, konnte meine Gefühle und Gedanken nicht händeln, war verzweifelt, nutzte destruktive „Hilfsmittel“ wie zB Alkohol, um mich zu betäuben.
Trotz aller bisherigen Therapien fühle ich immer noch Gefühle, die bisweilen unangenehm sind. Wut, Trauer und auch Hilfslosigkeit sind normale Gefühle, die uns zu Menschen machen. Der Unterschied ist, dass ich damit inzwischen recht gut umgehen kann. So gut, dass ich nicht langfristig unter ihnen leide oder zu selbstschädigenden Verhaltensweisen greife.
Auch wenn ich mich seit ca 2017 stabil und mehr und mehr gesund fühle, erlebte ich (für mich) schwierige Situationen: Operationen, Tod von Haustieren, natürlicher als auch suizidaler Tod von Menschen, Elternkontakt, Auseinandersetzung mit traumatischen Erlebnissen …
Manche der Situationen hätte mich ein paar Jahre vorher noch in längere depressive Episoden oder Panikattacken gestürzt.
Vor allem das Thema Tod ist (m)ein Endgegner, der in mir Lebens- statt Todesangst auslöst.
Inzwischen kann ich damit mehr und mehr umgehen. In den nun fast 5 Jahren erlebte ich eine stärkere Krise, wo ich intensivere Unterstützung brauchte. Sie war verhältnismäßig kurz – weil ich aus den anderen vorherigen Krisen lernte: Hilfe annehmen, mit schwierigen Gefühle umgehen, destruktive Gedanken hinterfragen, Pause machen und mich um mich selbst kümmern.
Resilienz – manchmal erscheint es mir als DAS neue Modewort, mit dem Wunder versprochen werden. Das ist Quatsch. Es ist nichts stetes, nichts einmal-gelerntes-und-für-immer-anwendbar!
Resilienz ist ein Prozess und besteht aus ganz vielen Puzzlestücken
Ebenso wie Genesung, ist Resilienz etwas individuelles, mit ähnlichen Ausgangspunkten. Damit meine ich die Säulen, auf denen die Resilienzforschung basiert, auf die wir individuell aufbauen dürfen.
Meine Methode für mehr Selbstakzeptanz muss nicht zu Dir passen und Deine Form der Selbstfürsorge kann nicht pauschal auf alle anderen übertragen werden. Doch beides – Selbstakzeptanz und Selbstfürsorge – sind Puzzleteile der Genesung, die für alle Menschen wichtig sind.
Nun, es gibt noch ganz viel dazu sagen. Ein bisschen werde ich das Thema „Resilienz“ hier ansprechen und Übungen/Methoden vorstellen, doch viel intensiver wird es in meinem Buch, an dem ich aktuell arbeite und dem Training, welches ich konzipiere.
Neben meiner persönlichen Krisen- und Genesungserfahrung schloss ich übrigens 2020 meine Fortbildung als Resilienztrainerin bei der AHAB-Akademie ab. Ich gab div. Resilienztrainings und verknüpfe Elemente dessen mit anderen Fortbildungen als auch persönlichen (Therapie-)Erfahrungen in meinen Workshops und Einzel-Beratungen für andere Betroffene und Angehörige.
All das ist natürlich kein Ersatz für eine Psychotherapie – für viele jedoch eine hilfreiche Ergänzung dazu bzw. Unterstützung, vor allem bei der Überbrückung von Wartezeiten auf einen Therapieplatz!
Resilienz – was ist das (nicht)?
Resilienz ist keine:
- magische Superkraft,
- stete Fähigkeit oder ein Persönlichkeitsmerkmal,
- Fähigkeit, die man hat oder eben nicht hat,
- Fertigkeit, die für alle Menschen gleichbedeutend ist,
- Allheilmittel, mit welchem wir für immer psychisch gesund bleiben!
Resilienz ist hingegen:
- die psychische Widerstandsfähigkeit,
- das „Immunsystem der Seele“,
- ein dynamischer, lebenslanger Prozess,
- Fertigkeiten bestehend aus verschiedenen Komponenten, die wir trainieren können,
- die Fertigkeit, mit Krisen und herausfordernden Situationen aufgrund persönlicher Ressourcen umzugehen, ohne das wir negative/schädliche Folgen davontragen
Aktuell wird Resilienz als dynamischer und lebenslanger Prozess verstanden, der im Wechselspiel zwischen Person und Umwelt erfolgt und über verschiedene Lebensbereiche und -phasen variiert.
~ Angela Kunzler et al. vom Deutschen Resilienz Zentrum in Mainz
Fakten zu Resilienz(-trainings):
- es gibt noch keine einheitliche Definition,
- es fehlt ein wissenschaftlicher Konsens über die Definition von Resilienz-Trainings,
- es fehlen Langzeitstudien zur Wirksamkeit von Resilienztrainings,
- aktuelle Resilienztrainings werden (bis auf wenige Ausnahmen) präventiv eingesetzt, anstatt spezielle Kurse für (psychisch/ physisch) erkrankte Menschen anzubieten,
- auch wenn Studien fehlen, so ist es hilfreich, sich mit den jeweiligen Bausteinen auseinandersetzen.
Die Diplompsychologin Ursula Nuber entwickelte das Konzept der „7 Säulen der Resilienz“, welches aufgrund der Übersichtlichkeit bei vielen Resilienz-trainer:innen Anklang findet:
- Akzeptanz
- Netzwerkorientierung
- Lösungsorientierung
- Zukunftsorientierung
- Rollenklarheit (Opferrolle)
- Optimismus
- Verantwortung
Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit Depression und Angststörung fasse ich den Resilienzbegriff bzw. das Trainieren davon etwas weiter.
Ich bin überzeugt davon, dass wir einen Unterschied zwischen einem Menschen mit und ohne psychischer Erkrankung machen müssen. Einfach, weil beide ganz unterschiedliche Ausgangspositionen haben.
Unabhängig davon, dass natürlich jeder Mensch individuell ist.
Konkret bedeutet das, dass ich unter dem Aufbau von Resilienz neben den vorgenannten 7 Säulen folgende Punkte elementar finde:
- Werte und Selbstwertgefühl,
- Selbstfürsorge,
- Selbstakzeptanz/Selbstliebe,
- Hinterfragen von Gedanken,
- Selbstwirksamkeit,
- als auch den Umgang mit unseren Gefühlen.
Mehr zum Thema Resilienz folgt in den nächsten Beiträgen hier auf dem Blog bzw. auf meinen Social-Media-Kanälen.
Was sind Deine Gedanken zu oder auch Erfahrungen mit Resilienz und entsprechenden Trainings?