Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen – etwa 12 Millionen sind in Deutschland betroffen. Ess-Störungen und psychische wie physische Gewalt in Partnerschaften und Ehen sind ebenfalls keine Seltenheit.
Dennoch sind all dies Tabu-Themen, über die wir kaum offen sprechen (können). Scham, Angst vor Stigmatisierung und fehlende Aufklärung kennt auch die Autorin Larissa Harold aus eigener Erfahrung. In dem Ende 2018 geführten Interview „Ich hab da mal ne Frage … an die Autorin Larissa Harold“ hat sie mir schon einiges über sich, ihre Erfahrung mit Diagnostik und Therapien und ihre Buchreihe erzählt. Ursprünglich schrieb sie ihre Erfahrungen zur eigenen Verarbeitung nur für sich nieder, entschied sich dann um und veröffentlichte ihre Erlebnisse verpackt in einer Liebesroman-Reihe – und brach damit ihr Schweigen.
Über die Autorin
Jahrelang litt Larissa Harold unter einer Angststörung und mit dieser auch an der Ignoranz und das Herunterspielen der Erkrankung von Außenstehenden. Neben der Angsterkrankung ist/war sie mit einer Ess-Störung konfrontiert und lebte viele Jahre in einer gewaltvollen Beziehung. Um auf diese sensiblen Themen aufmerksam zu machen, schrieb die 1987 in Recklinghausen geborene Ehefrau und Mutter dreier Mädchen über ihre Erfahrungen den Roman „Lost in myself“. Zwei Fortsetzungen sind von diesem ebenfalls schon erschienen.
Erster Satz
Manchmal möchte ich einfach verschwinden, gänzlich unsichtbar sein.
Inhalt/Klappentext
Marissa Harper, 27, ist aufgrund ihrer inneren Dämonen an ihr Apartment und ihre emotional grausame Ehe gefesselt. Als sie die seelische Folter ihres Mannes nicht mehr aushält, verlässt sie fluchtartig ihr Apartment und verliert sich dem Wunsch, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Unerwartet trifft sie auf den charismatischen James, der sofort etwas Besonderes in ihr zu sehen scheint. Obwohl Marissa ihn nicht an sich heranlassen will, werden die beiden Dank James´ Hartnäckigkeit schließlich ein Paar. Doch Brian, Marissas Ehemann, der auf Rache aus ist, Marissas psychische Verfassung und James´ eigene, einschneidende Vergangenheit lassen die beiden nicht zur Ruhe kommen. Gerade, als es den Anschein hat, als könnte das Paar seine Zweisamkeit genießen, holt Brian zu einem finalen Schlag aus, der das Glück der Zwei für immer zerstören könnte …
Meine Meinung
Über Angststörungen und andere (psychische) Erkrankungen gibt es schon viele Bücher, immer mehr nun auch von Betroffenen selbst geschrieben. Dies finde ich total klasse, da es schlichtweg die unterschiedlichen Erfahrungen, Umstände und Empfindungen der jeweilig Erkrankten als auch Angehörigen zeigt. Die Symptome ähneln sich bei jeder Erkrankung – und doch sind die dazugehörigen Gefühle und Gedanken genau wie die unterstützenden Maßnahmen und Selbsthilfestrategien so individuell zu betrachten, wie die Betroffenen selbst. Einmalig. Unantastbar. Wertvoll.
Von daher zögerte ich nicht, als mich Larissa Harold nach einer öffentlichen Rezension zu ihrem Buch (bzw. Büchern, Teil 2 folgt später) fragte. Ich selbst war mit einer Angststörung und Panikattacken konfrontiert und finde die Aufklärung durch andere Betroffene nicht nur klasse, sondern auch interessant – wie erleben sie die Panikattacken? Welchen Weg haben sie daraus gefunden? Was hat ihnen gar nicht geholfen?
Ziemlich direkt und ohne verschönernde Worte spricht Larissa Harold über die innere emotionale Zerrissenheit, den Selbsthass und die physische wie psychische Gewalt durch den Ehe-Mann ihrer Protagonistin. Manches Mal war ich über die Brutalität und Grausamkeit erschrocken – fände es jedoch schlimm, wenn ich es nicht gewesen wäre. Schließlich gibt es daran nichts zu verschönern.
Die Offenheit und Klarheit hat mich fasziniert, in ihren Beschreibungen zu erlebten Panikattacken fand ich mich oftmals wieder. An vielen Stellen fühlte, bangte und freute ich mich mit ihr. Aufgrund des klaren, flüssigen Schreibstils empfand ich es – trotz der schwierigen Thematik – angenehm zu lesen.
Während man in den ersten 11 Kapiteln aus der Perspektive von Marissa liest, übernimmt in den letzten beiden Kapiteln James, der neue Mann in Marissa´s Leben, das Hauptwort und berichtet die Erlebnisse aus seiner Sicht. Diese Wandlung hat mir besonders gefallen, da dadurch neben der Betroffenen- auch Einblicke in die Angehörigenperspektive gegeben wurden.
Insofern ist das Buch „Lost in myself“ von Larissa Harold für vielerlei Menschen lesenwert – für jene, die sich mit ihrer Erkrankung alleine fühlen und an der Erfahrung anderer teilhaben wollen, für jene, die einen tiefen Einsicht in das Leben mit einer psychischen Erkrankung bekommen wollen und für jene, die interessiert an der jeweils anderen Seite – sprich betroffen/angehörig – etwas näher kennenlernen wollen.
Daten zum Buch
Name: Lost in myself
Autorin: Larissa Harold
Verlag: TWENTYSIX – Der Self-Publishing-Verlag
Sprache: deutsch
Seiten: 243
Format: Taschenbuch
ISBN: 978-33740733759
Erscheinungsdatum: 2017
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[unbezahlte Werbung, das Buch erhielt ich kostenfrei als Rezensionsexemplar]